Forschungsprojekt
Establishing an international cooperative network for research on democratic development of lessons and Lesson Study / Establishing an international cooperative network for research on democratic development of lessons and Lesson Study
Weitere beteiligte Organisationseinheiten
Titel (Deutsch)
Establishing an international cooperative network for research on democratic development of lessons and Lesson Study
Titel (Englisch)
Establishing an international cooperative network for research on democratic development of lessons and Lesson Study
Beschreibung (Deutsch)
Das Projekt zielt auf den Ausbau der interkulturellen und interprofessionellen Zusammenarbeit in der Unterrichtsforschung und -entwicklung zwischen der Hiroshima Universität (HU) und der Universität Leipzig (UL). Die (Nachwuchs-)Forscher*innen und Lehrpersonen erproben Methodologien der Unterrichtsbeobachtung und Prozesse demokratischer Unterrichtsentwicklung und entwickeln ein Netzwerk zur gemeinsamen Modellierung einer international tragfähigen, demokratisch ausgerichteten Theoretisierung von Unterricht und Unterrichtsentwicklung. Unterricht und seine Erforschung orientieren sich gemäß einem output-orientierten Bildungsdiskurs am fachlichen Lernen einerseits und der Überwindung von Bildungsdisparitäten (vgl. OECD 2015). Damit ist ein demokratischer Anspruch auf gerechte Bildungschancen und Teilhabe verbunden. Japan nimmt in diesem Zusammenhang im Hinblick auf kollegial-interprofessionelle Unterrichtsentwicklung durch Lesson Study eine Vorreiterrolle ein (NASEM 2011) und ist in der internationalen Bildungszusammenarbeit ein geschätzter Partner. Bisher allerdings gestalten sich Bildungspartnerschaften als ein Verhältnis von lending und borrowing – meistens zwischen dem entwickelten Westen und einem sich erst noch zu entwickelnden Anderen. Dabei wird das “exportierte” Angebot als nicht weiter zu reflektierende Norm vorausgesetzt. Trotz der eigentlich kollegialen Tradition wird auch Lesson Study auf der internationalen Ebene in einseitig normativem educational borrowing verbreitet (Kinoshita 2019). Dagegen versuchen wir diese Asymmetrie im Sinne eines analytisch orientierten educational borrowing zu überwinden (Steiner-Khamsi 2016). Dabei gehen wir von der Annahme aus, dass die je in Japan und Deutschland unterschiedlich genutzten Forschungsmethodologien selbst grundlegende normative Sichtweisen auf den Gegenstand produzieren, hier speziell auf die Frage, was als (demokratische) Zielrichtung des Unterrichts als erstrebens- oder vermeidenswert erscheint (vgl. Hallitzky u.a. 2018, 88; Herfter u.a. 2019). Wir untersuchen demokratische Entwicklung daher sowohl auf der Gegenstandsebene des schulischen Lernens als auch auf der methodologischen Ebene der Unterrichtsbeobachtung durch Lehrpersonen und Forscher*innen. Die japanischen Forscher*innen nutzen zur Beobachtung und Entwicklung die Methodologie der Lesson Study, die in enger Verbindung mit Lehrpersonen an Schulen umgesetzt wird, während die Leipziger Forscher*innen im Rahmen ihres Lesson Study-Konzepts rekonstruktive Methoden zur Beobachtung heranziehen. Lesson Study folgt dem tradierten normativen Anspruch, sowohl den Unterricht selbst also auch die Zusammenarbeit in der Unterrichtsentwicklung zu demokratisieren (NASEM 2011). Lesson Study auf Basis qualitativer Unterrichtsforschung im deutschsprachigen Raum hat hingegen vor dem Anspruch der Normfreiheit der Sozialwissenschaften ein Dilemma, den Demokratiegedanken explizit in ihre Forschungsprozesse aufzunehmen (Hallitzky u.a. erscheint 2021). Der reflexive Austausch über die perspektivierten Maßnahmen im Unterricht und über die Forschungsmethodologien erfolgt über die gemeinsam aufzubauende internationale Forschungsplattform. Inhaltlich setzen wir in Fortführung erziehungswissenschaftlicher Diskurse mit dem Fokus auf Demokratielernen einen gemeinsamen Schwerpunkt, der in seinen spezifischen Perspektivierungen reflektiert wird. Unterricht lässt sich mit Blick auf die Weiterentwicklung demokratischer Gesellschaften als Prozess der Hervorbringung von bestimmten Individuen und Formen des Zusammenlebens in den Forschungsfokus nehmen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die demokratisch intendierte Individualisierungsforderung in komplexe, historisch nicht lineare und kulturell rekontextualisierte Prozesse der Moderne eingebunden ist. Deshalb fragen wir selbstreflexiv, welche Demokratiebilder im Prozess der interkulturellen und -professionellen Zusammenarbeit der Unterrichtsforschung und -entwicklung entwickelt werden. Dafür konzentrieren wir uns auf die Bedeutung der sozialen Interaktionen im Unterricht als “Form des Zusammenlebens, der gemeinsamen und miteinander geteilten Erfahrung“ (Dewey 1916/2000, S. 121). Das normativ relevante Problem, welche Individuen und Gemeinschaften im Bildungsprozess hervorgebracht werden (sollen) und welche Bedeutung diese für die demokratisch-freiheitliche Grundordnung haben (vgl. Klafki 2007), tritt in der Gegenüberstellung der Forschungsperspektiven als offene und reflektierbare Frage zutage. Diese Offenheit überwindet ein einseitiges educational borrowing und ermöglicht den mit unserem Vorhaben angestrebten nicht-hierarchischen Diskurs innerhalb des zu etablierenden Netzwerks. Die Materialien, Daten sowie Arbeitsprozesse werden auf der zu entwickelnden Plattform dokumentiert, diskutiert und archiviert, sodass die inhaltlich- und methodologisch-reflexive Zusammenarbeit für beide teilnehmende Institutionen und sukzessive für weitere Netzwerke zur Verfügung gestellt und weiterentwickelt werden kann. Dieses Forschungsnetzwerk wird die kollegial-komplementäre Zusammenarbeit der Beobachtung und Entwicklung von Theorieperspektiven auf Unterricht mit verschiedenen Generationen des Fachkollegiums verstetigen und damit die internationalen Wissenschaftsbeziehungen in der Unterrichtsforschung und -entwicklung nachhaltig stärken.
Beschreibung (Englisch)
The project aims to expand intercultural and interprofessional collaboration in classroom research and development between Hiroshima University (HU) and Leipzig University (UL). The (junior) researchers and teachers will explore methodologies of classroom observation and processes of democratic classroom development and develop a network for the joint enhancement of an international, sustainable, democratically oriented conceptualization of teaching and classroom development. Facing an output-oriented educational discourse, teaching and its research are oriented toward subject-specific learning on the one hand and overcoming educational disparities on the other (cf. OECD 2015). This is linked to a democratic claim for equitable chances in education and participation. In this context, Japan plays a pioneering role with regard to collegial-interprofessional lesson development through Lesson Study (NASEM 2011) and is a valued partner in international educational cooperation. So far, however, educational partnerships have taken the form of a relationship of lending and borrowing - mostly between the developed West and a yet-to-be-developed Other. The "exported" offer is taken for granted as a norm that does not require further reflection. Despite being actually a collegial tradition, Lesson Study is also spread internationally in a one-sided notmative educational borrowing (Kinoshita 2019). In contrast, we attempt to overcome this asymmetry in the sense of analytically oriented educational borrowing (Steiner-Khamsi 2016). In doing so, we start from the assumption that the research methodologies, each used differently in Japan and Germany, themselves produce fundamental normative views on the subject matter, here specifically on the question of what appears to be desirable or avoidable as a (democratic) goal of teaching (cf. Hallitzky et al. 2018, 88; Herfter et al. 2019). We therefore examine democratic development both at the object level of school learning and at the methodological level of classroom observation by teachers and researchers. The Japanese researchers use the methodology of Lesson Study for observation and development, which is implemented in close connection with teachers in schools, while the Leipzig researchers use reconstructive methods for observation within their Lesson Study concept. Lesson Study follows the traditional normative claim to democratize both instruction itself and collaboration in instructional development (NASEM 2011). Lesson Study based on qualitative classroom research in the German-speaking countries, on the other hand, faces the challenge of how to explicitly include the idea of democracy in their research processes (Hallitzky et al. forthcoming 2021) while at the same time orienting towards an ideal of norm-free social sciences. The reflexive exchange about the perspectives to the classroom and about the research methodologies will take place via an international research platform to be jointly established. In terms of content, we set a common emphasis in educational science discourses with the focus on democracy learning, which is reflected in its specific perspectives. With a view to the further development of democratic societies, teaching can be taken into the research focus as a process of producing certain individuals and forms of living together. Here we have to consider that the democratically intended demand for individualization is embedded in complex, historically non-linear and culturally recontextualized processes of modernity. Therefore, we self-reflexively ask which images of democracy are developed in the process of intercultural and -professional collaboration of classroom research and development. To do so, we focus on the meaning of social interactions in teaching as a "form of living together, of common and shared experience" (Dewey 1916/2000, p. 121). The norm-relevant problem of which individuals and communities are (supposed to be) brought forth in the educational process and what meaning they have for the basic order of democracy and freedom (cf. Klafki 2007) emerges as an open and reflective question in the different research perspectives. This openness overcomes a one-sided educational borrowing and enables the non-hierarchical discourse within the network to be established, which is the aim of our project. The materials, data as well as work processes will be documented, discussed and archived on the platform to be developed, so that the content-related and methodological-reflexive cooperation can be made available and further developed for both participating institutions and successively for other networks. This research network will solidify the collegial-complementary collaboration of observing and developing theoretical perspectives on teaching with different generations of the faculty, thereby strengthening international scholarly relations in teaching research and development in the long term.
Projektbeginn
01.01.2021
Projektende
31.12.2022
Antragsteller_in
Projektleitung
Externe Projektwebsite
Übergeordnetes Projekt
Finanzierung des Projekts durch
  • Mittelgeber
    DAAD Deutscher Akademischer Austauschdienst
Verbundprojekt
Publikation
  • Kinoshita, E.
    Perspektiven auf Grenzvorstellungen und Methodologien der Grenzbearbeitung zwischen Schulpraxis und Forschung im interkulturellen ’wissenschaftlichen Selbstgespräch’
    In: Frank, M.; Geier, T.; Hornberg, S.; Machold, C.; Otterspeer, L.; Singer-Brodowski, M.; Stošić, P. (Hrsg.)
    Grenzen auflösen - Grenzen ziehen. Grenzbearbeitungen zwischen Erziehungswissenschaft, Politik und Gesellschaft. Opladen, Berlin und Tronto: Verlag Barbara Budrich. 2023. S. 141-159
  • Kinoshita, E.
    質的研究のグローバリゼーションと研究者のトランスナショナルな移動:日本とドイツにおける質的研究方法実践の経験を例に(Globalization of Qualitative Research and Translational Academic Mobility: Research Practice and Experience in Germany and Japan)
    アジア文化研究所研究年報(Annual Journal of the Asian Cultures Research Institute). 2023. S. 174-188
  • Hallitzky, M.; Herfter, C.; Kinoshita, E.
    Demokratie-Lernen im Fachunterricht. Eine rekonstruktive Analyse zu Verhältnissetzungen von Individuen und Gemeinschaften in einer japanischen Schulklasse.
    In: Kenzhegaliyeva, M. (Hrsg.)
    Schule als Lern- und Lebensraum. Nationale und internationale Perspektiven der Schulpädagogik und Schulentwicklungsforschung. Festschrift für Prof. Dr. Barbara Drinck.. Opladen, Berlin und Toronto: Verlag Barbara Budrich. 2023. S. 51-74

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